05. Die große Fee Ylang
Da steht sie. Die Fee, nach der wir gesucht haben. Was ist nur los mit mir? So bin ich doch sonst nicht. Mein Kopf ist leer und ich kann meinen Blick einfach nicht abwenden. Erst als ich ein lautes Räuspern von Mimi vernehme, reise ich mich los. Ich muss nicht erst zu Mimi schauen um zu wissen, wie sauer sie ist. Beschämt schaue ich zu Boden. Mir ist es selbst ein wenig peinlich. Ich schaue erneuert auf Ylang und konzentriere mich dieses Mal auf das Wesentliche. Die große Fee ist ein bisschen kleiner als Mimi, ich schätze sie auf die 1,50m. Sie hat lange, graue Haare, die bis auf den Boden reichen. Ihre Augen leuchten Gold und ihr kindliches Gesicht lächelt. Sehr auffällig an ihr… Langsam wandert mein Blick wieder nach unten. Ihre Brüste…. “AUA! Scheiße, was soll das?” Meine Hände wandern an die Stelle meines Kopfes, an der Mimi mir gerade eine Kopfnuss verpasst hat. “Das Gleiche könnte ich dich auch fragen!” Beleidigt wendet sie mir den Rücken zu. Dabei bin ich doch auch nur ein Mann... Die Fee wendet sich schließlich direkt an Kyle: “Gleich zwei? Das ist überraschend!”. “Nein, nur das Mädchen. Der Junge hat keine Anzeichen von Magie. Aber das Mädchen wollte ohne ihn nicht mit kommen.” “Ich verstehe.” Ohne weitere Fragen schaut Ylang mich genau an. Ihre Augen dringen in meine. Ich kann mich nicht bewegen. Es ist, als blickt sie tief in mich. Als würde mein gesamtes Inneres offen vor ihr liegen. “Nein, keine Anzeichen von Magie, aber trotzdem ein großes Talent! Mit ein wenig Unterstützung..” Sie unterbricht sich selbst und stolz werfe ich meine Schultern nach hinten. Klar habe ich Talent! Mimi seufzt laut auf und der Blick der Fee wandert von mir zu ihr. “Mimi, nicht wahr?” Erstaunt schaut diese Ylang an. “Woher weißt du das?” Als Antwort lächelt die Fee nur. “Kyle?” fordernd streckt sie die Hand in Richtung Kyle, ohne Mimi aus den Augen zu lassen. Dieser holt das kaputte Medaillon aus seiner Tasche und legt es in die kleinen Hände der Fee. Als die Fee das Medaillon berührt, leuchtet es. “Ihr beide habt bestimmt viele Fragen. Ich werde euch alles in Ruhe erklä..” GRUMMEL Argh, warum muss das jetzt sein? Peinlich berührt lege ich eine Hand auf meinen Bauch: “Tut mir leid”. “Typisch Tail” flüstert Mimi neben mir, was mich rot werden lässt. “Ich kann meinen Magen eben nicht steuern, wenn er Hunger hat, meldet er sich halt.“ Lächelnd zeigt die Fee auf eine Tür im hinteren Bereich des Saals, der mir bisher noch gar nicht aufgefallen ist. “Am Besten reden wir während einem köstlichen Mahl über alles. Folgt mir”. Auch der nächste Raum ist unglaublich! In der Mitte des Raumes steht ein riesiger Tisch, der mit allen möglichen Speisen befüllt ist. Auch hier stützen vergoldete Säulen die Decke. Um die Säulen hangelt sich Efeu herunter. In der Luft schweben viele kleine Feen und lächeln uns an. Wenn sie mit ihren Flügeln schlagen ist es, also würden sie glitzernde Funken abstoßen. Salate, Kuchen, Pudding, Suppen… Wow! Meine Spucke läuft mir im Mund zusammen. So viel Essen auf einmal! Ich komme mir wie im Schlaraffenland vor ! Mein Magen grummelt noch einmal laut. “Und das dürfen wir alles essen? Wirklich?” Ylang lächelt, deutlich amüsiert über meine Frage: “Ja, das ist alles für euch. Lasst es euch schmecken!”. ”JUHUUUUUUUUUUUUUU!” Ich stürme auf den Tisch zu, setze mich auf einen freien Stuhl und fülle meinen Teller mit allem, was in meiner Reichweite steht. Hinter mir höre ich Mimi seufzen und etwas sagen, aber das ist mir momentan so was von egal. Schließlich setzt sie sich neben mich und füllt ihren Teller ebenfalls. “Dasch da muscht du unbedinscht probirsche! Dasch ischt mega..” Essen kommt aus meinem Mund und schnell gehe ich mit meinem Kopf über den Teller und stopfe alles, was rausfallen will, wieder in mich rein. Mir entkommt nichts!! Ich schlucke alles runter, spüle mit Wasser, das ebenfalls auf dem Tisch steht, nach und schaue wieder zu Mimi, die mich angewidert anschaut: “...gut!”. Vollende ich meinen Satz und grinse sie glücklich an. “Tail, benimm dich, du bist hier nicht daheim!” “Hähähä, sorry! Aber bei so viel Essen kann ich nicht anders…” Während ich rede habe ich meinen Teller schon wieder mit neuen Sachen befüllt. “Wooow, das schmeckt unglaublich!!” Begeisterung ist aus Mimis Stimme zu hören. “Sasch isch dosch!!”. Nach ca. einer halben Stunde bin ich so satt, dass ich nicht mal mehr ein Krümel essen kann. Zufrieden lehne ich mich nach hinten und streiche mir über meinen viel zu vollen Bauch: “Boah, ich bekomme keinen Bissen mehr runter!! Das war wirklich unglaublich”. Ich seufze zufrieden. Ein Nickerchen wäre jetzt perfekt. Ich schaue mich um. Auch Mimi hat sich zufrieden zurück gelehnt. Ihr Bauch sieht aber nicht so kugelig aus wie meiner. Richtig fies! Sie hat sich zum Schluss nochmal 3 Muffins rein gehauen… Erst jetzt bemerke ich, dass Kyle und die große Fee nicht mit uns gegessen haben. Beide stehen immer noch an der Tür und unterhalten sich leise, aber angeregt über etwas. Was immer es auch ist, Kyle scheint es nicht zu gefallen. Mürrisch schaut er in unsere Richtung. Und auch Ylang wendet sich uns zu. Als sie bemerkt, dass wir fertig sind, setzt sie sich gegenüber von uns an den Tisch. Kyle bleibt an einer Säule gelehnt stehen. Ist sich wohl zu gut dafür, mit uns an einem Tisch zu sitzen. Aber nicht einmal das stört mich in meinem vollgegessenen Zustand. Ich bin restlos glücklich. Die Fee beginnt zu sprechen: “Nun, wie ich sehe, hat euch das Mahl zugesagt!?” “Es war fantastisch!!!” “Das freut mich sehr!” Erst lächelt sie, dann wird ihr Blick ernster. “Sicher habt ihr einige Fragen. Ich werde versuchen, sie euch alle so gut ich kann zu beantworten.” Neben mir richtet sich Mimi gespannt auf. Ich probiere lieber erst gar nicht, mich zu bewegen. Nicht das ich platze! “Ja, was hat es mit diesem Medaillon auf sich? Und Kyle meinte, ich wäre ein Ritter? Was hat das zu bedeuten? Und wo sind wir hier?” Die Fragen sprudeln alle gerade zu aus Mimi heraus. Hatte ich nicht auch Fragen gehabt? Ylang nickt Mimi zu: ”Am Besten ich fange von vorne an. Sicher habt ihr schon von Bevalle und Eltea, den größten Reichen ihrer Zeit, gehört.” Sie macht eine Pause und schaut uns prüfend an. Wir nicken beide. “Nun, was ihr vermutlich nicht wisst: Bevalle war ein magisches, von den Göttern gesegnetes Land.” “Von den Göttern gesegnet? Wie geht den so was?” Skeptisch schaue ich sie an. “Callirius, das ist die Gottheit des Waldes, erschuf vor langer Zeit Bevalle und hinterlies den Sagen nach ein schlüsselförmiges Medaillon, das Gefahren erkennt und Magie in Menschen mit reinen Herzen erweckt. Außerdem soll es für Fruchtbarkeit und Frieden gesorgt haben.” Ich komme mir echt vor wie in einem meiner Spiele. “Lawliet, der König Bevalles, war, wie unzählige Herrscher vor ihm, für den Schutz dieses Medaillons verantwortlich. Nur Menschen, die das Blut seiner Familie in sich tragen, waren in der Lage, die Kraft des Medaillons zu nutzen.” Sie macht eine Kurze pause und seufzt: “Varnon, der König des Nachbarreiches Eltea, war neidisch auf das von den Göttern Beschütze Bevalle. Er dachte, wenn er das Reich beherrschen würde, würde die Kraft des Medaillons auf ihn über gehen. Langsam vergrößerte er seine Armee und bereitete alles auf einen Angriff vor. Doch die Geschichte hatte ihn gelehrt, dass ein Angriff auf Bevalle unmöglich war, solange die Menschen dort durch das Medaillon Magie anwenden konnten.” Mein Bauch ist immer noch total angespannt, aber mit einigen kleinen Bewegungen schaffe ich es, an mein Glas zu kommen und trinke einen Schluck. Alles scheint mit diesem Medaillon zusammen zu hängen. Heimlich schaue ich zu Mimi, die neben mir sitzt und gebannt Ylang zuhört: “Er hatte von einer Organisation gehört, die ebenfalls Magie anwenden konnte. Dunkle Magie, weswegen man sie SHADOW nannte.” Shadow… SHAD? Ich verschlucke mich am Wasser und huste. “Hey, Tail, alles in Ordnung?” Mimi schaut mich besorgt an und klopft auf meinen Rücken, woraufhin ich wieder Luft bekomme. Ich ignoriere ihre Frage und starre Ylang an: ”Ist SHADOW etwa SHAD? Die Mörder, die bei uns momentan die ganzen Mädchen umbringen?” Die große Fee nickt und fährt mit ihrer Geschichte fort: “Als Varnon den Krieg startete, war Bevalle vorbereitet. Das Medaillon warnte den König vor dem bevorstehenden Kampf. Während dieses Angriffes schlich sich SHADOW in die Gemächter von Lawliet und stahl das Medaillon. Der Schutz…” “Häää, momentmal! Das Medaillon hat die doch gewarnt und konnte Magie, wie kann so ne Organisation das dann stehlen?” Fragezeichen bilden sich um meinem Kopf. Das macht doch keinen Sinn. Zum ersten Mal, seit Ylang angefangen hat zu erzählen, regt sich Kyle: “Du Affe, sei nicht so unhöflich!” Affe? Wütend versuche ich mich um zudrehen, aber mein voller Bauch drückt an allen Stellen, weswegen ich es sein lasse. Die große Fee ignoriert Kyles Einwurf und schaut mich traurig an: ”Leider weiß man bis heute nicht, wie die Organisation das geschafft hat. Es ist auch mir ein Rätsel… Man vermutet, dass SHADOW einen Insider im Königlichen Palast hatte.” Mit einem Blick, den ich nicht deuten kann, schaut sie kurz zu Kyle und dann wieder zu Mimi und mir: “Nachdem das Medaillon entwendet wurde, fiel der Schutz. Die Menschen waren nicht mehr in der Lage, Magie anzuwenden und die Armee Bevalles war zahlenmäßig der von Eltea unterlegen. So kam es, dass Bevalle überrannt wurde. Mit letzter Kraft schaffte Lawliet es, seiner hochschwangeren Frau zur Flucht zu helfen. Wurde aber daraufhin von Varnon höchstpersönlich enthauptet!” “Oh nein, wie schrecklich!” Mimi hat sich die Hände vor dem Mund zusammen geschlagen. Sie scheint das ganze ziemlich mit zu nehmen. “Hat die Königin denn wenigstens überlebt?” “Nun, ab hier gibt es wieder verschiedene Geschichten. Laut einer Überlieferung konnte die Königin bis an den Rand des Reiches fliehen und hat dort mithilfe armer Bauern ihr Kind geboren. Sie selbst überlebte diese Geburt aber nicht. Es ist unbekannt, ob das Kind überlebt hat oder nicht.” Hat Kyle zuvor nicht etwas von einem Erben geredet? Vielleicht hätte ich ihm etwas besser zuhören sollen.. “In der Schule wurde uns beigebracht das Eltea und Bevalle durch den Krieg zerstört wurden…” “Das ist nicht ganz korrekt.” Ylang schaut mich direkt mit ihren goldenen Augen an. “Wie ihr euch sicher denken könnt, hatte SHADOW nicht vor, dass gestohlene Medaillon jemals jemanden zu geben und als Varnon es einforderte, töteten sie ihn. Doch so sehr sie auch versuchten das Medaillon zu aktivieren, die Magie offenbarte sich nicht. So zogen sie sich zurück, um einen neuen Weg zu finden, mit dem sie an die Macht der Götter gelangen konnten. Die wenigen überlebenden Menschen der beiden Reiche verbündeten sich und gründeten ein neues Reich, dass ihr als Patriam kennt.” Langsam steht Ylang auf und läuft um den Tisch herum. Vor Mimi und mir bleibt sie stehen und zieht das Medaillon aus ihrer Tasche: “Dieses Medaillon ist ein Teil des Medaillons aus der Geschichte. Schon lange führen verschiedene magische Wesen einen Kampf gegen SHADOW. Bei einer großen Schlacht vor einigen Jahrzehnten gelang es uns, den magischen Gegenstand zu stehlen. Leider zerbrach er dabei in zwei Hälften und auch die göttliche Kraft, die es inne hatte, hat sich offensichtlich auf die beiden Teile aufgeteilt.” Klein und unschuldig liegt der silberne Schlüssel, jedenfalls die Hälfte davon, in der Hand von Ylang. Wie kann so ein kleines Ding nur so viel Macht haben? “Aber was ich nicht verstehe, “ auch Mimi schaut das Medaillon an: “Warum kämpfen die magischen Wesen gegen SHADOW? Was ist der Grund?” Eine berechtigte Frage. “Dieses Medaillon hat eine unglaubliche Kraft! Wird es falsch eingesetzt, könnte es alle magischen Wesen in dieser Galaxy zerstören! Das Medaillon erfüllt den sehnlichsten Wunsch im Herzen desjenigen, der es aktiviert. Wenn SHADOW es schafft, die Magie des Medaillons zu nutzen, werden sie die mächtigsten Magier in unserer Galaxy sein.” Ylang wendet sich wieder an mich: “Tail, du hast gesehen wie grausam die Mitglieder sind. Sie schrecken vor nichts zurück! Sie sind das reine Böse!”. Widerwillig kommen die Bilder des toten Mädchens in mir hoch und ich senke meinen Blick. So was darf nicht wieder passieren! Kurz wundere ich mich darüber, woher Ylang das weißt. Hat sie uns beobachtet? Oder hat Kyle ihr das erzählt? Meine Gedanken werden von Mimis Stimme unterbrochen: “Aber nur jemand, der das Blut von Lawliet in sich trägt, kann es aktivieren oder? Also ist doch alles gut?!” Fragend schaut Mimi zu der Fee. “Leider scheint es, als hätte SHADOW einen Weg gefunden, die Kraft des Erbens zu absorbieren.” “Ja aber, gibt es denn überhaupt einen Erben?” “Das haben wir uns auch gefragt.” Kyle löst sich von der Säule und bleibt neben Ylang stehen. “Vor einigen Monaten ist ein Bild aufgetaucht. Scheinbar von einer Wahrsagerin.” So wie er das Wort ausspricht ist klar, dass er davon nicht viel hält. Er zieht ein Bild aus seiner Tasche und zeigt es uns. Ich betrachte es genauer. Es ist ein selbst gezeichnetes Bild und sehr grob. Es zeigt ein schlankes Mädchen, mit blonden, langen Haaren. Ich nehme Kyle das Bild aus der Hand und hebe es neben Mimi, dich mich verdutzt anschaut. Es sieht ihr verdammt ähnlich. Genauso wie dem Mädchen aus der Gasse. Deswegen waren sie also hinter blonden Mädchen her. Langsam wird mir einiges klar. “Okay, ich verstehe. Aber warum sind Mimi und ich jetzt hier?” Kaum habe ich das gesagt, schaut mich Kyle böse an: “DU hast hier eigentlich nichts verloren!”. Ich will etwas erwidern, werde aber von Mimi unterbrochen, die mich und Kyle genervt anschaut. Warum schaut sie mich auch böse an? Ich hab doch gar nichts gemacht! “Das Medaillon hat auf mich reagiert, was bedeutet das jetzt?” Sanft lächelt Ylang Mimi an. “Sicherlich war es keine angenehme Erfahrung. Das Medaillon reagiert leider nur eindeutig, wenn es so nah wie möglich an das Herz des Menschen gelegt wird. Wenn ich gewusst hätte, dass der zweite Ritter weiblich ist, hätte ich nicht Kyle geschickt…” “Pff, ich hab meine Aufgabe doch erfüllt oder nicht?” Er verschränkt seine Hände über dem Kopf und schaut geknickt zur Fee. Mimi ist schon wieder rot wie eine Tomate. Finster schaue ich Kyle an. Aber was anderes beschäftigt mich mehr: “Was heißt ‘Ritter’?”. “Hat Kyle euch das nicht erzählt?” Verwirrt schaut Ylang zu Kyle, der sich wieder an eine Säule lehnt: “Dafür war keine Zeit…” “Nun gut, dann erkläre ich es euch. Auch ohne, dass das Medaillon aktiviert ist, haben wenige Menschen die Macht, Magie zu wirken. Sie tragen sie in ihrem Herzen. Solche Menschen sind sehr, sehr selten. Wir nennen diese Wesen ‘Ritter’ weil sie die Aufgabe haben, das Medaillon und die Erbin dessen zu beschützen. Diese Hälfte..” sie hebt das Medaillon etwas höher: “erkennt zum Glück solche Menschen. So wie dich, Mimi”. “Ich habe also Magie in mir?” Sie schaut an sich herunter und betrachtet dann wieder das Medaillon. Sie hat Magie in sich, so wie Kyle? “Ja, du hast Magie in dir. Allerdings ist sie noch versiegelt. Aber keine Sorge. Ich habe die Macht, die Kraft in dir zu befreien, damit du dich deiner Aufgabe annehmen kannst.” Mimi schaut traurig zu Boden: “Und.. und wenn ich das nicht möchte?” Verdutzt schaue ich sie an. Wie kann man denn keine Magie wirken wollen? Das ist doch total cool! Ich stelle mir vor, wie ich Feuer manipulieren kann, Kyles Eis schmelze und ihn verbrenne. Ich kann ein kichern nicht verkneifen. Kyle seufzt, geht von der Säule weg und bleibt genau vor Mimi stehen. Was hat der Kerl jetzt wieder vor? Bereit jederzeit einzugreifen, möchte von meinem Stuhl aufstehen, doch Ylang lächelt mich an und legt ihre Hand auf meine Schulter. Verdutzt bleibe ich sitzen und schaue zu Kyle und Mimi. “Du kannst jederzeit gehen. Aber dir ist hoffentlich bewusst, dass SHADOW jagt auf dich machen wird, oder? Denn falls es dir entgangen sein sollte, du passt auch in das Profil der Nachkommin! Und was willst du tun, wenn sie kommen und dich töten wollen? Sie hilflos anschreien und ein paar deiner Selbstverteidigungsgriffe gegen sie anwenden? Oder glaubst du wirklich, der da”, er zeigt auf mich, “kann dir helfen? Tse. Vorher werdet ihr beide getötet!” Warum muss dieser Typ mich immer beleidigen? Grimmig schaue ich ihn an. Wäre Ylangs Hand nicht immer noch auf meiner Schulter, würde ich ihm schon zeigen wie gut ich Mimi beschützen kann! Mimi schaut auf. Ihre Augen zeigen mir, dass sie Angst hat. “Aber sie werden doch so oder so hinter mir her sein oder nicht? Was soll ich denn tun?” Wütend klatscht Kyle mit seiner Hand auf den Tisch, sodass Mimi zusammen zuckt: “KÄMPFEN! Lerne deine Magie einzusetzen und töte diese Idioten bevor sie dich und diesen Affen töten!” Affe….. Mein Blick verfinstert sich noch mehr. Ich fühle mich wirklich gemoppt! Was habe ich diesem Idioten eigentlich getan? Noch immer schauen sich Kyle und Mimi an. Minuten verstreichen. Dann: “Kyle, ich glaube das reicht.” Ylang löst ihre Hand von meiner Schulter. Kyle hält kurz noch Blickkontakt, dreht sich dann um und lehnt sich wieder an seine Säule. Ylang kniet sich zu Mimi runter und lächelt sie aufmunternd an: “Keiner ist dir böse, wenn du nachhause gehst und von all dem nichts mehr wissen wirst. Aber all die magischen Wesen da draußen brauchen deine Hilfe! Möchtest du denn wirklich, dass die Welt, so wie du sie kennst, aufhört zu existieren?” “Nein, natürlich nicht”. Es ist nur ein flüstern. Selbst ich, der genau neben Mimi sitzt, habe es kaum gehört. “Na siehst du. Und du brauchst keine Angst zu haben. Deine Magie ist keine Angriffmagie.” Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Kyle verwundert zu der großen Fee schaut. “Ich habe keine Angriffsmagie? Was habe ich denn für eine Magie?” Jetzt scheint auch das Interesse von meiner besten Freundin geweckt zu sein. Die Fee lächelt: “Wenn du willst, können wir das gleich herausfinden.”. “Ich muss mich dazu aber nicht entblößen oder?” Ylang lacht auf: “Nein, natürlich nicht.” Mimi scheint sichtlich erleichtert. “Nimmst du deine Bestimmung als Ritterin an?” Seufzend schaut sie die Fee an. Dann lächelt sie: “Ich habe ja, so wie ich das sehe, keine andere Wahl.” “Man hat immer eine Wahl!” Naja… für mich hört sich das auch eher so an, als hätte Mimi keine Wahl.. Ich erinnere mich an diese Kerle und wie sie mich mit einer Handbewegung an die Wand geschleudert haben. Bin ich wirklich total hilflos? Kann ich Mimi nicht beschützen? Nein! Die Fee meint ich habe großes Talent! Selbstbewusst stehe ich auf und trete neben Mimi: “Mir ist es egal, ob ich Magie beherrsche oder nicht. Ich lasse Mimi auf keinen Fall allein! Wenn sie diese Organisation bekämpft, kämpfe ich auch!” Aufmuntert zwinkere ich Mimi zu, die mich unsicher ansieht. “So ein Mord wie den, den ich heute beobachtet habe, sollte nie wieder passieren! Treten wir SHADOW in den Arsch!” Mimi sollt niemals so enden wie das Mädchen in der Gasse. Dafür werde ich sorgen! Und wenn es das Letzte ist, was ich tue! Kyle löst sich zum dritten mal von der Säule (warum läuft der Arsch überhaupt immer wieder dort hin?) und ich erwarte schon wieder einen Schwall von Beleidigungen. Aber ich irre mich: ”Ich gebs zwar nicht gern zu, aber der Affe hat recht.” Hey! “Allein kann ich die Organisation nicht zerstören. Aber zu zweit steigt die Chance enorm.” Ich huste gekünstelt. Zu zweit? Ich glaub er hat mich nicht richtig verstanden: “Zu dritt!” verbessere ich ihn, aber er ignoriert mich wieder. Mimi schaut uns beide verwundert und dann entschlossen an: “Okay! Ich bin dabei! Was muss ich tun?” Sie blickt wieder zu Ylang, die glücklich lächelt: “Eigentlich nichts, halte einfach still und vertraue mir”. Die Hand der Fee fängt an zu leuchten und Kyle zerrt mich ein paar Schritte zurück. Dann verengen sich ihre Augen und sie stößt mit ihrer Hand genau in Mimis Brust, da wo ihr Herz ist. Der ganze Raum wird von einem hellen Licht erfasst und schützend hebe ich meine Arme vor meine Augen. Das Licht wird schwächer und als ich wieder etwas sehe, bemerke ich eine leuchtende blaue Kugel, die über Mimi schwebt. “Was passiert da?” Ausnahmsweise scheint Kyle mich mal nicht zu ignorieren: “Ylang hat die Kraft, vorhandene Fähigkeiten zu erwecken.”. “Und das heißt genau?” “Na schau doch hin. Die Kugel da ist Mimis Fähigkeit, Magie zu wirken. Sobald die Kugel vollgeladen ist, wird sie sich wieder mit ihrem Körper vereinen und sie kann Magie wirken.” Erst jetzt bemerke ich, dass viele kleine Lichter aus Mimis Körper heraus strahlen und sich mit der blauen Kugel vereinen. Unglaublich. So was habe ich noch nie gesehen! Es ist wunderschön! Als keine Lichter mehr auftauchen, schwebt die Kugel noch kurz über Mimi und schwebt dann langsam wieder in sie zurück. Ich renne zu ihr hin: “Hey, alles in Ordnung? Wie fühlst du dich?” “Naja.. eigentlich.. ehrlich gesagt merk ich überhaupt keinen Unterschied”. “Gar nichts?” Enttäuscht wende ich mich an Ylang. “Ist das normal?” Ihre Hand leuchtet inzwischen nicht mehr. “Ja, es dauert ein bisschen bis sich der Körper an die Magie gewöhnt. In den nächsten Stunden solltest du eine Veränderung bemerken. Dann wirst du auch sehen, was für eine Magie zu beherrschst” “Okay.” “Kannst du so was mit mir auch machen?” Begeistert zeige ich mit dem Finger auf mich selbst. Feuer Magie, ich kommeeeeeeee! “Trottel hast du nicht zugehört? Du kannst keine Magie beherrschen…” Genervt drehe ich mich zu Kyle um: “Ich hab nicht mit dir geredet! Also sei still!”. Ylang schaut mich ernst und bestimmt an. “Ich kann nur das erwecken, was bereits da ist. Magie ist bei dir keine vorhanden...” Traurig schaue ich auf den Boden. Wäre ja auch zu schön gewesen. “Aber..” Ich horche auf. Gibt es etwa noch eine Möglichkeit? “.. ich erkenne trotzdem ein großes Talent in dir! Eventuell...” Sie murmelt etwas vor sich hin, woraufhin eine Fee, wenn ich mich nicht irre ist es die, die uns hier her gebracht hat, mit einem Stein erscheint. Diesen übergibt sie Ylang, welche sich bedankt und sich an mich wendet. “Dieser Stein ist ein Waffenstein. Er existiert nur ein einziges Mal und er ist sehr sehr wertvoll...” “NEIN!” Kyle tritt vor mich und verwundert schaue ich vom Stein auf ihn. Was hat er jetzt schon wieder ein Problem? “Ylang, dieser Stein ist gefährlich! Und das wisst Ihr auch! Wollt Ihr das wirklich verantworten?”. Doch die Fee lächelt: “Ich bin mir des Risikos vollkommen bewusst Kyle. Aber ich denke, dass Tail der richtige Besitzer für diesen Stein ist.” “Aber…” Genervt unterbreche ich den Eismagier: “Sollte ich darüber nicht selbst entscheiden?” Ernst schaut Kyle mich an und zuckt dann mit den Schultern. “Wie du meinst…” Er geht einen Schritt beiseite, so das ich wieder freien Blick auf den Waffenstein habe. “Was ist das für ein Stein?” “Dieser Waffenstein kann eine Fähigkeit verleihen, mit der der Anwender Waffen jeglicher Art beherrschen kann.” Waffen jeglicher Art? “Also Schwert, Pistole, Pfeil und Bogen.. einfach alles?” Mit großen Augen starre ich auf den Stein. So was geht? “Ja, Waffen jeder Art.” Cooooooooooooool! “Da gibt es bestimmt einen Hacken, oder?” Auch Mimi schaut skeptisch auf den Stein. Hoffentlich nicht! Doch nicht Ylang, sondern Kyle antwortet auf die Frage: “Der Stein ist nur mit ganz wenigen Wesen kompatibel. Das er mit einem Mensch kompatibel ist, ist so wahrscheinlich, wie vom Blitz getroffen zu werden.” Er macht eine kurze Pause und fährt dann fort: “und sollte der Stein nicht mit dir kompatibel sein, Ylang ihn aber trotzdem auf dich anwendet, stirbst du!” |
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