08.Kyles Geheimnis
Warum habe ich es ihm verraten? Außer mit Ylang habe ich bisher noch mit kaum jemanden darüber gesprochen. Immer noch weiß ich nicht, was genau mich da gerade geritten hat.
Wenn ich an meinen Vater denke, verspüre ich keine Liebe, wie ein Kind es eigentlich tun sollte. Ich verspüre Hass. Tiefgründigen Hass.
Doch das war nicht immer so. Als Kind habe ich zu ihm aufgesehen. Ihn bewundert. Er war ein Magier mit unvorstellbaren Kräften.
Er war groß, mächtig und erfolgreich. Immer habe ich sein wollen wie er. Meine Mutter hat dann oft gelacht und gemeint, ich solle erst einmal das Kindsein genießen, groß und stark werde ich von allein. Nun, wie es Mütter so an sich haben, hat natürlich auch meine recht behalten. Heute bin ich groß und stark. Aber wie mein Vater möchte ich nicht mehr werden. Nie! Als ich mit 10 Jahren meinen eigenen Weg gegangen bin habe ich mir geschworen, ihn zu töten und so Rache zu nehmen. “Kyle, ist der Anführer von Shadow wirklich dein Vater?” Immer noch steht dieser möchtegern Kämpfer vor mir. Und wieder stelle ich mir meine anfängliche Frage: warum habe ich es ihm verraten? “Glaubst du, ich würde so etwas sagen wenn es nicht wahr wäre?” Verärgert stehe ich auf, gehe an dem Baby vor und verlasse den Raum. Das habe ich nun davon. Doch so schnell gibt diese Nervensäge leider nicht auf: “Ich versteh nicht ganz. Du kämpfst doch auch gegen Shadow oder nicht? Heißt das, du willst gegen deinen Vater kämpfen?” Er überholt mich und bleibt direkt vor mir stehen, weswegen ich ebenfalls stehen bleiben muss: “Oder bist du ein Spion von ihm?” Ist das sein ernst? Ein Spion? Ich denke an den Spion, der sich laut Ylangs Geschichte in die Gemächer des Königs geschlichen hat. Mein Großvater. Vorbelastet bin ich ja. “Meinst du wirklich, ich hätte dir erzählt wer mein Vater ist, wenn ich ein Spion wäre?” Genervt atme ich aus. Wie kann man nur so anstrengend sein. “Denk doch mal nach!” “Warum hast du es mir denn erzählt?” “Genau das frage ich mich seit ein paar Minuten auch ständig. Und jetzt lass uns weiter trainieren.” Ich gehe wieder an ihm vorbei und höre, dass mit der Trottel folgt. “Also eher kein Spion, hm? Aber das ist ja super wenn du den Anführer kennst!!! Dann weißt du bestimmt alle Schwachstellen von ihm, oder?” Seine Stimme überschlägt sich beinahe vor Begeisterung. “Er hat keine Schwachstellen.” Monoton antworte ich ihm. Vermutlich ist es einfacher zu antworten, er wird sonst eh keine Ruhe geben. “Keine Schwachstellen? So ein Bullshit! Jeder Mensch hat Schwachstellen…” abrupt bleibe ich stehen, sodass Tail in mich hinein läuft. “Au!” “Hör zu, ich rede nicht gern über meinen Vater. Jede Schwachstelle, die er vielleicht irgendwann einmal hatte, hat er ausradiert. Verstehst du? Es gibt nichts und niemandem was ihm etwas bedeutet.” “Aber du bist sein Sohn. Alle Eltern lieben ihre Kinder…” Wütend schlage ich mit meiner Faust an die Wand neben uns. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass Tail zusammen zuckt, aber es ist mir egal. “Glaubst du wirklich ein Mann, der seine Frau und sein Kind umgebracht hat ist fähig zu lieben? Tse. Du hast keine Ahnung! Also sei endlich still!” Ich blute innerlich. Die alte Wunde ist wieder aufgerissen. Noch nie habe ich darüber geredet. Nicht einmal mit Ylang habe ich über meine Mutter geredet. Warum jetzt? Warum mit ihm? Mit diesem halbstarken Menschen? Mit diesem Idiot, der keine Ahnung hat. Warum vertraue ich mich ihm an? Wütend auf mich selbst gehe ich nicht die Stufen, die zum Trainingsraum führen runter, sondern nehme die Stufen, die, wie ich weiß, zu kleinen Gemächern führen. Ich will meine Ruhe. Ich will allein sein. Und ich will unter keinen Umständen noch länger mit dieser Nervensäge zusammen sein. Ich betrete das erste Zimmer und schließe die Tür hinter mir ab. |
Verdutzt und schockiert über das, was ich gerade erfahren habe, stehe ich immer noch an der Treppe. Kyle ist einfach ohne ein weiteres Wort hoch gegangen.
Ich habe eine Tür zuschlagen hören und ich vermute, er will nicht gestört werden. Zu gerne würde ich ihn mehr ausfragen, denn nach seiner Aussage bin ich noch verwirrter als zuvor.
Wenn sein Vater seine Frau und sein Kind umgebracht hat… müsste er dann nicht tot sein? Oder hatte er Geschwister?
Erst jetzt wird mir bewusst, dass die Frau dann ja seine Mutter gewesen sein muss. Ich setze mich auf die Stufen. Kein Wunder ist er so ein Arsch. Was hätte ich an seiner Stelle getan?
Ich weiß es nicht. Meine Eltern gehen mir öfters auf die Nerven, doch ich liebe sie und weiß, dass sie mich genauso lieben. Niemals würde mein Vater Hand an mir oder meiner Mutter anlegen.
Auch wenn sie sich ab und zu streiten. Das gehört eben einfach dazu. Aber so etwas. Ich schüttle den Kopf. Es bringt nichts, darüber nachzudenken.
Ich stehe wieder auf und gehe die Treppe runter, Richtung Trainingsraum. Ich sollte die Zeit effektiv nutzen wenn ich irgendwann einmal Kyle besiegen möchte.
Ich schnappe mir wieder die Pistole und ziele auf die Zielscheiben. Nach einer weiteren halben Stunde wird mir das allerdings zu langweilig.
Inzwischen brauche ich für 10 Schüsse 12 Sekunden. Und natürlich sind alles Volltreffer! Ohne eingebildet zu klingen: ich bin wirklich gut! Ich denke nicht, dass ich mit der Pistole noch viel trainieren muss. So kompliziert ist das schließlich nicht: zielen und abdrücken. Fertig. Ich lege die Waffe zurück in den Waffenschrank, als mir das Eisschwert ins Auge fällt. Immer noch steht es genauso da, wie Kyle es hinterlassen hat. Komisch. Es schmilzt überhaupt nicht. Obwohl es hier drin bestimmt über 20 Grad hat. Ich nehme es in die Hand. Es fühlt sich kalt an. Kalt, aber nicht eisig. Was ist das nur für eine Magie, die er beherrscht? Hat Feuer überhaupt eine Chance? Die Neugier packt mich. Ich nehme das Schwert und mache mich wieder auf den Weg zur Küche. Irgendwo muss ja ein Feuerzeug oder Streichhölzer liegen. Als ich die Küche betrete, fliegt eine Fee in mich rein: “Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaah” Gerade noch so kann ich die kleine Fee auffangen. “Hey, alles in Ordnung?” Das kleine Wesen hält sich ihre Hand an die Stirn. “Auauauauauauauauau” Dann erst scheint sie mich zu registrieren und fliegt schnell wieder hoch: “Du bist ein Gast? Oh nein! Ich bin in einen Gast geflogen!!! Was soll ich nur tun??? Wie kann ich das nur wieder gut machen? Was wenn der Gast verletzt ist??” Panisch fliegt sie im Kreis, was mich zum Lachen bringt. “Beruhigt dich doch. Mir gehts gut! Es ist nicht passiert.” “Aber wenn die Chefin davon erfährt!!! Dann bin ich gefeuert! Oder ich werde degradiert! Zur Putze! Jawohl! Nicht, dass das ein schlimmer Job ist! Aber… was soll ich nur tun!!!” “Hab keine Angst, ich werde niemanden etwas verraten.” Ich zwinkere die kleine Fee an. “Wirklich? Das will der Gast für mich tun? Bist du dir sicher??” “Ganz großes Ehrenwort” Ich strecke ihr meinen kleinen Finger hin, den sie skeptisch begutachtet. “Du musst deinen Finger an meinen heben, damit das Wort nicht gebrochen werden kann!” Verwirrt schaut sie mich an und fliegt dann auf mich zu. “So?” Sie hebt ihren klitzekleinen Finger an meinen. “Und jetzt kannst du dein Wort nicht brechen?” “Niemals!” “Ist das Magie?” Fragend betrachtet sie mich. “Das ist noch etwas viel, viel mächtigeres als Magie!” “Mächtiger als Magie?” Erschrocken weicht die Fee zurück. “Okay, dann glaube ich dir!” “Na siehst du, hast du dich denn verletzt?” “Nein Sir, eine Fee kann sich nicht verletzen.” “Kann sie nicht?” “Niemals! Wird eine Fee verletzt, steht sie wieder auf und fliegt weiter, Sir!” “Und wenn deine Flügel verletzt sind?” Die Fee wird bleich und starrt mich an:” Daran habe ich nicht gedacht. Kann so was denn passieren??” “Öhm.. ich weiß nicht.” “Oh nein, was passiert nur, wenn eine Fee ihren Flügel verletzt? Ob sie dann stirbt? Bestimmt! Was soll ich nur tun?” Wieder muss ich mir mein Lachen verkneifen. Aber die arme Fee scheint es wirklich ernst zu meinen. Wieder fliegt sie panisch im Kreis. Wenn das so weiter geht, verletzt sie sich wirklich noch ernsthaft! Da fällt mir etwas ein: ”Sag mal, kannst du mir sagen wo ich ein Feuerzeug finde?” Abrupt bleibt die Fee genau vor mir stehen: ”Der Gast sucht ein Feuerzeug?” “Du kannst mich ruhig Tail nennen.” “Tail?” “Ja genau, so heiße ich!” “Sir Tail sucht also ein Feuerzeug?” Sir Tail. Gefällt mir. Irgendwie hat es etwas ritterliches. “Genau! Und wie heißt du?” “Maja.” Sie springt im Flug hoch und runter. “Super. Also Maja, weißt du wo ich ein Feuerzeug oder ein Streichholz finde?” Voller Freude leuchten ihre Augen auf. “Was ein Feuerzeug ist weiß Maja nicht, aber ein Streichholz gibt es hier! Gleich hier!” Damit fliegt sie in die Küche auf eine Schublade zu, die sich daraufhin wie durch Geisterhand öffnet. Die kleine Fee scheint also auch Magie zu beherrschen. Hier scheint wirklich alles magisch zu sein. Mein Blick wandert zu meinem Handrücken, auf welchem das Mal des Steines zu sehen ist. Es sieht aus wie ein kleiner Stern. Das Mal ist sehr blass und kaum zu sehen. Was es alles gibt. Niemals hätte ich erwartet, irgendwann irgendwelche magischen Fähigkeiten zu haben. Nun ja, genaugenommen sind meine neuen Fähigkeiten ja auch nicht magisch.. “Hier Sir Tail!!!” Die Fee reicht mir eine Packung Streichhölzer, das ich lächelnd entgegen nehme: “Danke Madame Maja.” Gerade noch sehe ich, wie die Fee rot anläuft. Dann verschwindet sie: “Madame Maja hat er gesagt! Aaaaaaaaaw”. Da scheine ich tatsächlich eine neue Verehrerin zu haben. Ich mache das Streichholz an. So du Eisklotz. Jetzt geht´s in die an den Kragen! Ein finsteres Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. Wenn ich damit das Eis schmelzen kann, weiß ich, wie ich in Zukunft gegen Kyle ankommen. Er wird sich nie wieder über mich lustig machen und ich werde all unsere Kämpfe gewinnen! Jawohl! Ich hebe das Streichholz an das Schwert doch kaum ist es in der Nähe, wird es durch einen kleinen Eishauch, der wohl vom Schwert kommt, getroffen und geht aus. Schnell mache ich das Streichholz wieder an und nähere mich dem Eisschwert. Doch wieder erlischt das Feuer. Ungeduldig ziehe ich mehrere Streichhölzer aus der Packung und entzünde sie alle aufs Mal. Also wenn das nicht hilft… “Was machst du da Nervensäge?” Vor Schreck lasse ich die Streichhölzer fallen. Oh nein, ich dachte er ist eingeschnappt. Was will er schon wieder hier unten? Schnell drehe ich mich um und versucht, das Schwert hinter meinem Rücken zu verstecken. “Hähähä… nichts, nichts. Hast du dich wieder beruhigt?” Kyle wirft mir einen bösen Blick zu, bleibt aber vor mir stehen. Dann schleicht sich ein Grinsen auf sein Gesicht. Schweiß kommt auf meine Stirn. Nicht, dass mir mein Vorhaben peinlich wäre. Aber ich will ihn doch überraschen und mit Feuer besiegen! Er soll keine Zeit haben, sich darauf vorzubereiten. “Soso, mein Schwert also…” Weiter kommt er nicht. Die brennenden Streichhölzer, die ich zuvor fallen gelassen haben, entzünden nun meine Hose. “AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAH ICH BRENNE!!!” Au, au, au ist das heiß!!! Verdammt! Ich versuche es mit meinen Händen aus zu machen, aber der zusätzliche Sauerstoff scheint das Feuer nur weiter an zu stacheln. “Ha ha ha ha” Na super… “Lach nicht so bekloppt, hilft mir lieber!! ICH BRENNE verdammt!!!!” Schnell ziehe ich meine Hose aus und schmeiße sie in das Spülbecken in der Küche. Wasser! Ne, warte. Ein Feuer sollte man doch nicht mit Wasser löschen, oder? Ich brauche ein Tuch! Ich muss es ersticken! Ich schaue mich um, aber sehe weit und breit kein Tuch… Mein T-Shirt! Das ist die Lösung. Schnell ziehe ich das T-shirt über meinen Kopf und ersticke damit das Feuer. Als das Feuer endlich erlischt seufze ich erleichtert auf. Puh, das war wirklich knapp. “AAAAAAAAAH TAIL VERDAMMT WAS SOLL DAS????” Erschrocken drehe ich mich um und sehe in Mimi´s rot angelaufenes Gesicht. Aus irgendeinem Grund scheint es ihr peinlich zu sein, mich anzuschauen. “Mimi?” “WAS RENNST DU HIER DENN AUCH HALB NACKT DURCH DIE GEGEND??” Halb nackt? Ich blicke an mir runter. Verdammt! Ich hab keine Hose mehr an! Und kein T-Shirt! Nur mit einer Boxershorts bekleidet stehe ich hier mitten in der Küche!! Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass Kyle sich inzwischen grinsend an den Küchentisch gesetzt hat. Na wenigstens hat der keine schlechte Laune mehr…. “DU PERVERSLING!!!” Ohne mich auch nur einmal anzusehen geht Mimi an mir vorbei und setzt sich zu Kyle an den Tisch - natürlich mit Blick in die entgegengesetzte Richtung. Perversling???? Ich merke, wie ich rot anlaufe: “Es… es war ein Unfall! Ich kann das erklären!!!” Ein Lachen hinter mir lässt mich inne halten. Ylang steht kichernd vor mir. Weiber! “Wie ich sehe ging euer Kampf bis unter die Klamotten? Vielleicht solltest du dir zuerst etwas anziehen, Tail?” Bis unter die Klamotten? Eindeutig zweideutig, hm? Ein Blick auf Kyle lässt mich jetzt doch grinsen. Er allerdings schaut wieder so grimmig wie zuvor. “Aye, aye Ylang…” Gerade als ich aus der Küche verschwinden will fällt mir allerdings was wichtiges ein:” Öhm… ich hab gar keine anderen Klamotten hier…” “Kyle?” Ylang lächelt den Eismagier entschuldigend an und dieser seufzt zwar genervt auf, steht dann aber auf und geht an mir vorbei: “Du kannst was von mir haben. Aber wehe du fackelst es ab!” Grinsend folge ich ihm: “Werde ich nicht! Versprochen.” Beim Hinausgehen fällt mir auf, dass das Eisschwert nicht mehr da ist. Hat Kyle es entfernt? Oder hat das Feuer es geschmolzen? Gespannt betrachte ich die Zimmertür, die zu Kyles persönlichem Reich führt. Wie der Sohn des Anführers der Shadows wohl leben mag. Ob er ein Foto seiner Mutter hat? Oder lauter Eisskulpturen? “Worauf wartest du? Komm endlich rein!” Schnell mache ich zwei Schritte vorwärts und stehe damit schon mitten im Zimmer. Überrascht schaue ich mich um. Das Zimmer hat kein Fenster und wirkt dadurch sehr dunkel. Es ist sehr schlicht eingerichtet. Keine persönlichen Dinge, keine Fotos, keine Eisskulpturen… Eigentlich gar nichts. Ein Bett steht links von mir. Die Bettwäsche ist ordentlich zusammen gelegt. Gegenüber von mir steht ein kleiner Schreibtisch und ein Stuhl. Links von mir befindet sich ein großer Schrank. Dort steht Kyle und sucht gerade passende Klamotten für mich raus. Vermutlich sucht er nach Schrottsachen, die er nicht mehr braucht. Aber das soll mir recht sein, besser als in Unterhose rum zu rennen ist es auf jeden Fall. Wortlos schmeißt Kyle mir eine Hose und ein T-Shirt zu. Es ist eine schwarze Hose, ein schwarzes T-Shirt und eine schwarze Jacke… “Da steht aber jemand auf schwarz, hm?” “Du kannst auch gerne nackt herum laufen, wenn es dir nicht passt!” “Nene, ist ja gut…” Schnell ziehe ich die Sachen an und ohne ein weiteres Wort machen wir uns wieder auf den Weg zur Küche. Dort angekommen werde ich kritisch von Mimi begutachtet. Doch bevor sie etwas zu meinem Outfit sagen kann erhebt Ylang das Wort: “Ich muss euch leider für den Rest des Tages alleine lassen. Kyle, denk daran: morgen Abend läuft die Frist ab, dann müsst ihr zurück!”. Frist? Was für ne Frist? Hab ich etwa schon wieder was verpasst? Kyle nickt nur. “Nun gut, dann viel Erfolg! Ich werde euch morgen im Laufe des Tages erneut aufsuchen, sowie es mir die Zeit zulässt.” PUFF - weg ist sie. Glitzerstaub ist nun an der Stelle, an der die große Fee vor kurzem noch gestanden ist. Magie ist schon was tolles. Noch immer fühle ich mich wie in einem von meiner Computerspiele. “Kommt mit.” Befehlshaberisch wie immer geht Kyle die Treppe zum Trainingsraum runter. Mimi und ich folgen ihm. Unten angekommen nehme ich mir wieder ein Schwert aus dem Waffenschrank und stelle mich in Position. Kyle steht bereits mit einem Eisschwert, das er vermutlich gerade erstellt hat, da. Dieses Mal bekomme ich den Arsch! Ich suche Kyles Blick, aber der gilt nicht mir, sondern etwas neben mir. Verdutzt schaue ich neben mich. Mimi steht da und bewegt sich nicht. “Willst du nicht deinen Rapier holen?” “Ähm.. achso! Ja.. klar….” aber sie bewegt sich immer noch nicht. Genervt atmet Kyle aus. “Im Waffenschrank!?” “Ihr könnt ruhig schon anfangen, ich bin bereit.” Hat sie Angst, gegen mich und Kyle anzutreten? Immer noch steht sie da und rührt sich nicht. Ich zucke mit den Achseln und wende mich wieder dem Eismagier zu. Mir soll´s recht sein. Dann kann ich ohne Rücksicht kämpfen. Auch Kyle scheint dieser Meinung zu sein, denn seine Aufmerksamkeit gilt jetzt nur noch mir.Konzentriert achte ich auf jeder seiner Bewegungen. Dann stürme ich ohne Vorwarnung auf ihn zu, doch der Eismagier ist vorbereitet und pariert meinen Schlag ohne sich groß Bewegen zu müssen. Schnell setze ich mit ein paar Hieben nach, kann aber nichts ausrichten. Warte… JETZT! Gerade als ich denke, dass es endlos so weiter geht entdecke ich eine Lücke in Kyles Deckung. Das ist meine Chance!!!! “Salamandra svegli! Inizia forza magnetica!!!!!” “HEY!?!?!?” Das Schwert wird mir aus der Hand gerissen und gleichzeitig sehe ich, wie Kyle mehr als grimmig das schmelzende Eisschwert in seiner Hand betrachtet. Was soll das? Wo ist mein Schwert? Doch bevor ich es suchen kann, spüre ich schon eine Klinge an meinem Hals. Meine Klinge! Selbstbewusst grinsend steht Mimi zwischen Kyle und mir, den Rapier auf Kyle gerichtet und mein Schwert auf mich gerichtet. Wobei sie mein Schwert nicht in der Hand hält. Es scheint zu schweben! Verblüfft betrachte ich meine beste Freundin. Wie konnte sie nur so viel in so kurzer Zeit lernen? Es waren gerade mal 3 Stunden seit ihren ersten magischen Worten vergangen und nun kann sie schon ein Schwert lenken? Wie ist das möglich? |
Das Training mit Ylang hat sich mehr als bezahlt gemacht. Ohne eingebildet zu klingen: Ich bin gut! Bei dem Anblick der verblüfften Gesichter der beiden Jungs kann ich mir ein Grinsen nicht verkneifen.
Salamandra svegli! beschwört die Macht eines Feuergeistes. Inizia forza magnetica hingegen aktiviert eine Magnetkraft.
Mithilfe des Feuergeistes habe ich das Schwert von Kyle zum schmelzen gebracht, mithilfe des Magneten konnte ich nicht nur meinen Rapier vom Waffenschrank in meine Mand befördern, sondern auch das Schwert von Tail
unter meine Kontrolle bringen. Da ich wusste, das ich früher oder später gegen die Beiden antreten muss, habe ich mir diese beiden magischen Worte besonders eingeprägt.
Aus dem Augenwinkel sehe ich eine Bewegung von Kyle, doch damit habe ich gerechnet: “Nessun movimento!!” Zwar habe ich diese Magie noch nicht komplett unter Kontrolle, aber das muss Kyle ja nicht wissen. Ich konzentriere mich auf seine Hände und überrascht starrt er auf diese. “Lähmungsmagie?” Normalerweise bewirkt nessun movimento eine Lähmung des gesamten Körpers. Aber dafür reicht meine Kraft noch nicht. Auf einzelne Körperteile wirkt sie allerdings schon richtig gut. Bedrohlich stoße ich mit dem Rapier ein wenig vor und bin nun mit der Klinge direkt an seinem Hals. “Gib auf Kyle! Und Tail.. das würde ich lassen.” Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Tails Hand inmitten seiner Bewegung zusammenzuckt und seine Hand wieder nach unten wandert. Er wollte wohl versuchen, an den Griff des Schwertes zu kommen. Doch das werde ich nicht zulassen, das Schwert ist jetzt unter meiner Kontrolle! Ich konzentriere mich auf das Schwert, dass daraufhin sich bedrohlich Tails Kehle nähert. “Hast du hinten Augen oder was?” Hihi. Eine Magierin braucht doch keine Augen. “Hmpf..” Mein Blick richtet sich wieder auf Kyle, der nun grinsend vor mir steht. Was hat er vor? Habe ich etwas übersehen? “Ich weiß nicht, wie Ylang dir in dieser kurzen Zeit so viel beibringen konnte. Respekt! Allerdings hat sie scheinbar einige der grundlegensten Dinge ausgelassen….” Mein Griff um meinen Rapier wird fester. Blufft er? Ich lasse mich auf keinen Fall verunsichern. “Gegen einen Gegner hätte das eben funktionieren können. Doch bei zwei Gegnern teilt sich auch deine Konzentration und Aufmerksamkeit auf. Optimalerweise 50% auf jedem. Momentan allerdings würde ich behaupten liegt deine Konzentration und Aufmerksamkeit eher 90% auf mir….” Ich spüre eine Waffe an meinem Kopf. “... was mich natürlich ehrt, dir aber den Sieg kostet.” Überrascht blicke ich zur Seite und sehe Tail dort stehen. Das Schwert, das ich kontrolliere, schwebt immer noch hinter mir. Verdammt. Dadurch das ich mich eher auf Kyle konzentriert habe, hatte ich das Schwert nicht mehr 100% unter Kontrolle und es hat nicht auf Tails Bewegungen reagiert. Gut, Kyle ist ebenfalls ein Magier und konnte das vielleicht wissen. Aber woher hat Tail gewusst, dass das Schwert ihn nicht aufspiest wenn er sich bewegt? Wütend auf mich selbst lasse ich den Rapier fallen. Ich wollte ihnen doch zeigen was ich kann! Als ich die strahlenden Augen meines besten Freundes sehe, gerate ich allerdings ins Stocken: “Äääh… Tail?” “MIMI!! DAS WAR SOO COOOL!!! Wie hast du das gemacht??? Du bist ja unglaublich!!” Wieder einmal merke ich, wie mir die Röte ins Gesicht steigt. “Ach was, schließlich habe ich verloren…” Überraschenderweise ist es Kyle, der antwortet: “Du hattest ja auch zwei Gegner. Bei nur einem Gegner sieht das alles wieder anders aus.” “Ja, hätte Kyle mir nicht ein Zeichen gegeben hätte ich ziemlich alt ausgesehen! Und der Lähmungsauber war ja mal cool! Hast du ihn damit komplett gelähmt oder was?” “Ähm.. nein… nur seine Hände..” Immer noch steigt mir die Hitze ins Gesicht. “Der Blick von Kyle war unbezahlbar! Du könntest den Eisklotz echt fertig machen…!” Während mein bester Freund grinsend und gut gelaunt neben mir steht, spiegelt sich in Kyles Blick nur Kälte wieder. Still starrt er mich an, bis er mir schließlich die Frage stellt, die vermutlich schon die ganze Zeit in seinem Kopf umherirrt: “Wie hast du so viel in so kurzer Zeit lernen können?”. “Das ist ein Geheimnis.” Lange schaut er mir in die Augen, als würde er die Antwort dort finden. Ylang hat mir erzählt, dass Kyle diesen Raum nicht kennt und aufgrund seiner Abstammung niemals betreten könnte. Sie hat mir erzählt, dass er der Sohn des Anführers der Shadows ist und sein Großvater damals der Spion war, der das Medaillon aus den Gemächern Bevalles gestohlen hat. Sie hat mir ebenfalls erzählt, dass sein Vater ein brutaler und bösartiger Mensch ist, der die Macht der Götter dazu verwenden möchte, die “unmagischen” Menschen auszurotten. Und sie bat mich, Kyle nichts von dem heiligen Reich zu erzählen. Sie ist der Meinung, dass er als Magier keine Ruhe geben würde, bis er Zutritt zu diesem Reich hätte, um dort noch stärker zu werden. Mehr denn je weiß ich nicht, ob ich ihm ertrauen kann oder nicht. Er kämpft mit uns gegen seinen Vater. Aber was ist, wenn er diesen getötet hat? Wird er dann immer noch auf unserer Seite sein, oder wird er den Platz seines Vaters einnehmen? |
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